Ob ihr nun meinen Einsteiger-Guide gelesen habt oder nicht, ihr habt eine Teleskopmontierung, ggf. sogar mit einem Teleskop und eine DSLR, aber was fängt man nun damit an? Nachdem ihr mit Sicherheit die Montierung schon das ein oder andere Mal im Wohnzimmer zu „Showzwecken“ aufgebaut habt und auch die Justage des Polsuchers geprüft habt, heißt es: Raus auf´s Feld!


Aufbau im Feld / Poljustage

Zuerst müsst ihr das Stativ so aufbauen, dass die Schulterplatte absolut in Waage ist. Falls ihr keine Libelle am Stativ oder dem Montierungskopf habt, gibt´s für schmales Geld eine Dosenlibelle, die u.a. auch von audiophilen Menschen genutzt wird um den Plattenspieler auszurichten.

Nachdem also das Stativ sicher, stabil und "im Wasser" steht, kommt der Montierungskopf drauf. Bei kleineren Montierungen wie der Star Adventurer oder einer EQ5 kann man auch beides zusammen von der Wohnung in den Garten/auf den Balkon schleppen, aber für eine Autofahrt würde ich die Teile immer voneinander trennen. Als letztes kommt das Teleskop bzw. die DSLR mit Objektiv auf die Montierung. Wenn möglich macht die Poljustage unter der vollen Instrumentenlast, denn wenn ihr im Nachhinein anfangt ein Teleskop auf die Montierung zu schrauben oder an den Gegengewichten etwas zu verändern, dann kann das auch schon mal die Poljustage verändern, was nicht wirklich förderlich ist.

Sowohl bei der Star Adventurer, als auch bei den meisten größeren Montierungen habt ihr einen Polsucher um die Poljustage vorzunehmen. Der Polsucher sollte natürlich möglichst perf. auf die Rektaszensionsachse ausgerichtet sein. Wie man die Polsucherjustage selbst prüft, sofern ihr das noch nicht gemacht habt, könnt ihr hier lesen.

Zur Ausrichtung der Montierung auf den Himmelspol fangt ihr mit den Azimutschrauben an (links oder rechts drehen des Montierungskopfes) den Polarstern der gewünschten Position im Sucher näher zu bringen. Anschließend wird die Polhöhe eingestellt/nachgestellt. Anhand eurer geographischen Lage (Breitengrad) könnt ihr diese Einstellung schon im Wohnzimmer grob vornehmen. Spielt mit beiden Einstellmöglichkeiten so lange herum, bis der Polarstern im Polsucher genau dort ist, wo er hin soll.

Aber wo genau soll denn der Polarstern hin? Da das von Montierung zu Montierung und Polsucher zu Polsucher durchaus verschieden ist, möchte ich da an die Bedienungsanleitung der Montierung verweisen. Alternativ nutze ich eine kleine Smartphone-App, schaut einfach mal im Netz nach „Polar Finder“, „PolarisView“ oder „Polar Align“. Die Nutzung einer solchen App hat den kleinen Vorteil, dass ihr meist auch eure Position, Datum und UTC angezeigt bekommt, Werte, die die meisten Montierungen nach dem Einschalten abfragen und für das Goto-Alignment benötigen. Die Verwendung der UTC hat sich für mich als recht praktisch herausgestellt, da ihr keinen Gedanken mehr daran verschwenden müsst, ob Sommer- oder Winterzeit, eine Stunde vor oder doch zurück,…

Wenn ihr den Aufbau entsprechend ernstgenommen habt und die ganze Montierung nicht einfach nur auf den Acker geworfen wurde und grob per Kompass Richtung Norden ausgerichtet, dann sollten mit normalen Objektiven 1-2min Einzelbelichtungen noch keine Verformung der Sterne zeigen die sich auf eine falsche Poljustage zurückführen ließen. Bei einem kleinen APO mit max. 500mm Brennweite sollten immerhin noch 30s machbar sein. Alles was darüber hinausgeht, wäre für den Anfang wenig realistisch.

Nun steht ihr da, mitten in der Nacht, mitten in der Pampa bei Bauer Schorsch auf dem Acker und habt eure Montierung auf den Himmelspol ausgerichtet! Yeeehaarrr!

Auf geht´s zum ersten Bild!

 


Kameraeinstellungen

Das wichtigste zuerst, fotografiert IMMER im RAW-Format. Viele Details, die man später in der EBV herausarbeiten kann, gehen bei der JPG-Komprimierung verloren! Wenn möglich aktiviert auch die Spiegelvorauslösung, so dass zuerst der Spiegel hochklappt, dann 2-5s vergehen, ehe sich der Verschluß öffnet und die Belichtung erfolgt. Das ganze hat den Vorteil, dass die Vibration, die durch den Spiegelschlag erfolgt wieder abklingen kann und nicht in die Belichtung einfließt.

 


Wahl des Motivs

Je nach Jahreszeit bieten sich unterschiedliche Motive an, um die ersten Erfahrungen zu sammeln.

Im Frühjahr ist es schwierig recht helle und große Objekte zu finden, denn das Frühjahr ist Galaxiensaison, also viel Brennweite und sehr lange Belichtungszeiten, demnach nicht unbedingt das, was man sich als Einsteiger wünscht. Eine Möglichkeit für Teleobjektive ab 300mm Brennweite oder besser kleine APOs mit 500mm Brennweite wären die Praesepe (Messier 44), ein offener Sternhaufen im Sternbild Krebs, der noch recht hoch steht.

Im Sommer gibt es eine Menge großer Ha-Regionen, wie z.B. den Nordamerikanebel (NGC7000) im Sternbild Schwan. Allerdings wird das mit einer nicht modifizierten Kamera schon recht anspruchsvoll den Nebel einzufangen, da die meisten Serien-DSLR nahezu rotblind sind. Im Sternbild Schwan gibt es allerdings mehrere Nebel, so dass man auch mit einem sehr leichten Tele (85mm oder sogar noch kürzer) schöne Widefields dieser Region der Milchstraße machen kann.

Je geringer die Brennweite ist, desto länger könnt ihr ohne weiteres technisches Zubehör fotografieren. Mit 24mm könnt ihr mehrere Minuten belichten, ohne dass die Sterne zu Eiern werden!  Da kommt dann auch von den Ha-Nebeln was auf den Sensor. Alternativ bieten sich die Kugelsternhaufen Messier 13 und Messier 92 an, die selbst bei geringer Brennweite schon als nebelige Flecken zu erkennen sind. Je höher die Brennweite und je größer die Öffnung, desto weiter lassen sich diese beiden hellen Kugelsternhaufen in Einzelsterne auflösen.

Im Herbst wäre die Andromeda Galaxie (Messier 31) ein recht großes und helles Objekt, das sich auch mit einem Teleobjektiv mit 200-300mm gut einfangen lässt. Aber auch mit einem APO mit ca. 500mm Brennweite passt die Galaxie noch ganz auf den Sensor einer APS-C-Kamera.

Im Winter sind die Plejaden (Messier 45) und der große Orion-Nebel (Messier 42) gut für den Einstieg geeignet. Die Plejaden meiner Meinung nach sogar eher als der Orionnebel, denn zum einen hat der Orionnebel einen sehr großen Kontrastumfang, der nur mit Belichtungsreihen in den Griff zu bekommen ist und zum anderen bekommt man die schwächeren Außenbereiche nur mit einer astromodifizierten Kamera und recht langen Belichtungszeiten eingefangen. Da die Plejaden von Reflexionsnebeln umgeben sind, die überwiegend „blau“ leuchten, habt ihr das Problem der nicht-modifizierten Kamera nicht und auch der Dynamikumfang ist gut beherrschbar, außerdem stehen die Plejaden höher am Himmel, so dass ihr weniger mit Lichtsmog zu kämpfen habt.

Übersicht beliebter Motive mit Ausdehnung am Himmel und der draus resultierenden Brennweite bezogen auf einen Canon APS-C-Sensor!

 

  Längsachse/Durchmesser Querachse empf. Brennweite Bildwinkel Breite Bildwinkel Höhe
Sommerdreieck (Schwan, Leier und Adler) 60° 45° 15mm 73°,0 52°,5
Sternbild Großer Wagen 30° 13° 35mm 35°,2 23°,9
Sternbild Orion (Hauptfigur) 22° 12° 50mm 25°,0 16°,8
Sternbild Leier 100mm 12°,7 8°,5
Andromeda Galaxie 400mm 6°,4 4°,2
Orion-Nebel, Plejaden 1°,5 500mm 2°,5 1°,7
Sonne, Vollmond ca. 0°,5 - 1.000mm 1°,3 0°,8

 


Fokussieren

Egal wann und mit welchem Motiv ihr anfangen wollt, bevor ihr das erste Foto machen könnt, müsst ihr irgendwie fokussieren. Wenn ihr mit einem Objektiv mit Autofokus arbeitet, könnt ihr versuchen im Liveview der Kamera mit 10x-Lupe und Autofokus auf einen hellen Stern zu fokussieren und den kleinen Schalter am Objektiv anschließend auf "MF" zu stellen, damit die Kamera den Fokus nicht wieder verliert. In sehr vielen Fällen funktioniert das recht gut!

Eine weitere Möglichkeit ist im Liveview mit 10x-Lupe manuell, sowohl am Objektiv als auch am Teleskop, zu fokussieren. Dabei braucht ihr aber schon ein wenig Fingerspitzengefühl und solltet ruhig öfter mal über den Schärfepunkt hinaus fahren und dann wieder zurück, bis ihr den Eindruck habt, den schärfsten Punkt gefunden zu haben.

Die genauste Möglichkeit ist die Verwendung einer „Bahtinov-Maske“. Wie genau diese Funktioniert und wie ihr eine solche Maske ohne großen Aufwand selber basteln könnt, verrät euch die Suchmaschine eures Vertrauens, wenn ihr sie mit dem Stichwort „Bahtinov-Maske“ füttert.

 


Belichtungszeit

Die Belichtungszeit ist ein Punkt, der so pauschal nicht mit Standardwerten zu versehen ist. Als Daumenregel gilt die ISO so hoch wie nötig, die Belichtungszeit so hoch wie möglich! Weiter oben habe ich ja schon ein paar grobe Richtwerte in Abhängigkeit von der Brennweite der Aufnahmeoptik genannt, dennoch solltet ihr auf jeden Fall verschiedene Zeiten ausprobieren, dazu die Belichtungszeit so lange erhöhen, bis die Sterne zu leichten Eiern werden und dann wieder etwas zurückrudern. Ein wichtiger Aspekt für die Astrofotografie ist, dass wir hintergrundlimitiert arbeiten. Im Klartext bedeutet das, um wirklich das letzte Bisschen an Details aus den Bildern zu kitzeln, darf kein Pixel des Hintergrunds wirklich Schwarz sein (also die Farbwerte 0,0,0 haben). Um zu verdeutlichen was ich damit meine, hier mal ein Beispielbild:

Das Bild ist ein Subframe dieses Gesamtbildes: Markarjansche Kette

Wenn man das Histogramm des Subframes betrachtet, sieht es so aus: 

Auf den ersten Blick erkennbar, liegt der „Berg“ des Histogramms so weit vom linken Rand entfernt, dass keine Pixel wirklich schwarz sind und auch keine überbelichtet. Wenn möglich solltet ihr so ein Histogramm anstreben, bei der Wahl von Zeit/ISO. Je weiter der Berg des Histogramms aber nach rechts rückt, desto schneller brennen euch die Sterne aus, was dazu führt, dass sie lediglich weiß dargestellt werden, aber sämtliche Farbinformationen auf der Strecke bleiben. Daher greift auch hier die alte Weisheit: „Probieren geht über Studieren!“.

Wichtig zu erwähnen wäre noch, dass ihr auf jeden Fall einen Fernauslöser/Timer für eure Kamera nutzen sollet. Mit jeder Berührung der Kamera mit den Fingern bringt ihr Schwingungen ins System, die sich auch gern auf das Bild übertragen (verformte Sterne).

 


Bildbearbeitung

Ein Thema, das ebenfalls ganze Bücher füllt und nicht zuletzt extrem subjektiv ist, vor allem wenn man nicht danach strebt wissenschaftlich verwertbares Bildmaterial zu liefern, sondern eher s.g. Pretty-Pictures machen möchte.

Aus diesem Grund möchte ich an dieser Stelle nur auf ein paar sehr verbreitete Programme zur Bildbearbeitung von Astrofotos listen, die ihr euch dann nach und nach anschauen könnt.

 

Zum Stacken der Subframes hat sich der „DeepSkyStacker“ neben „Fitswork“ als Quasi-Standard auf Windowsrechnern etabliert. Viele Astrofotografen nutzen auch den DeepSkyStacker ausschließlich zum Stacken der Bilder, stretchen diese dann in Fitswork und arbeiten dann mit Photoshop oder Gimp weiter. Um in Photoshop Fits-Daten verarbeiten zu können braucht ihr noch das Plugin "Fits-Liberator", das von der ESA/NASA kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Ein kleines Tutorial, das euch den Einstieg erleichter soll findet ihr hier: Tutorial zum Stacken & Stretchen.

„Pixinsight“ ist eine Rundum-Sorglos-Lösung für die gesamte Bildbearbeitung, vom Stacken, über BIAS-, FLAT-, Darkverarbeitung, bis hin zum Schärfen und Entrauschen könnt ihr alles mit diesem Programm machen (und noch vieles mehr). Es gibt eine kostenlose Testversion, die ihr euch ruhig mal anschauen solltet.

 


Ausblick

Ne Menge Baustellen, die einem das Leben als Astrofotograf zu Anfang schon schwer machen können. Der Aufbau der Montierung, das Einnorden, das Aufsuchen der Motive, Fokussieren, … und nicht zuletzt die EBV. Um euch den Einstieg in die EBV ein wenig zu erleichtern habe ich mal ein kleines Tutorial zum Stacken & Stretchen verfasst.

Auch wenn der Aufbau zu Anfang sehr lange dauert und eventuell auch nicht wirklich gut läuft, die Sterne einfach nicht punktförmig werden wollen oder doch sehr viel Schwarz auf dem Bild ist, bearbeitet diese Bilder auf jeden Fall am Computer nach, denn neben der Routine im Aufbau, braucht ihr auch Routine in der EBV. Also nicht entmutigen lassen wenn´s mal nicht so läuft wie ihr euch das vorstellt! Denkt darüber nach, warum es so gelaufen ist und nutzt die nächste klare Nacht um daraus zu lernen. Da die klaren Nächte spärlich gesät sind und ihr anfangs auch das ein oder andere Mal dem inneren Schweinehund unterlegen seid, können durchaus einige Monate vergehen, bis ihr euch mit Autoguidern usw. befassen solltet.

Der Aufbau der Montierung verläuft routiniert? Könnt ihr euer 200mm-Tele über 2min sauber nachführen? Sind die Sterne bei 500mm nach 45s immer noch punktförmig und bei der Bildbearbeitung geht´s auch voran? Dann solltet ihr hier weiterlesen!

Darüber hinaus ist die Ausrichtung per Polsucher zwar bei niedrigen Brennweiten und Autoguidereinsatz durchaus ausreichend, aber spätestens dann, wenn ihr die Brennweite erhöht oder aber Belichtungszeiten von 10min und mehr pro Einzelbelichtung anstrebt, solltet ihr euch auch mit dem Thema "einscheinern einer Montierung" befassen.

 

Ich wünsche Euch viel Erfolg und klare Nächte!

 

Fragen oder Anregungen? Schickt mir ne Mail, ich würde mich freuen!